Les Intraduisibles: English-German

Term Author Discussants
denizen(ship) Bauboeck Rainer
Denizen ist ein alter englischer Begriff. Er bezeichnet den Bewohner eines Territoriums, anwendbar auf Pflanzen, Tiere, Menschen. Er bedeutet auch den Status eines Fremden, der vom Aufenthaltsstaat mit bestimmten Rechten ausgestattet wird (und kommt in dieser Bedeutung bei John Locke im Second Treatise on Government vor). Der Schwede Tomas Hammar hat "denizenship" als Bezeichnung fuer die annaehernde rechtliche Gleichstellung niedergelassener Fremder mit Staatsbuergern eingefuehrt. Ich habe vorgeschlagen, dies als "Wohnbuergerschaft" zu uebersetzen.
disempowerment Schedler Andreas
Disempowerment, Entmachtung. Wie schon bei empowerment ist aber die woertliche Uebertragung nicht semantisch aequivalent. Der Sinn verschiebt sich trotz gleicher Oberflaeche. Im Begriff der Entmachtung ist die Macht binaer codiert: entweder man hat sie, oder man verliert sie (im Akt der Entmachtung). Disempowerment ist hingegen graduell. Die Macht als Salami, der man auch scheibchenweise verlustig werden kann. Entmachtung ist ausserdem ein Begriff, der sich auf formelle politische Kontexte bezieht. Entmachtet werden vorzugsweise Koenige und Praesidenten. Disempowerment dagegen findet in weiteren sozialen Kontexten statt. Ihre Objekte sind vielfaeltiger: Frauen, Konsumentinnen, Sozialwissenschaftlerinnen, ethnische Gruppen, unsoweiter. Siehe auch empowerment.
displaced persons Schedler Andreas
Displaced persons. Natuerlich gibt es grobe Aequivalente: Fluechtlinge oder Vertriebene. Die dahinterliegende Konstruktion von Akteuren (Handlungstraegern wie Opfern) ist aber anders. Displaced persons is ein technischer Begriff, dem man seine Herkunft aus der diplomatischen Verwaltungssprache der Vereinten Nationen deutlich ansieht. Die Begriffe des "Fluechtlings" und des "Vertriebenen" enthalten Handlungskomponenten. Der Fluechtling tut selber was: er bewegt sich fort von einem Ort der Gefahr. Dem Vertriebenen wird etwas angetan: ungenannte, aber doch implizit vorausgesetzte Akteure vertreiben ihn oder sie in die Heimatlosigkeit. Der Begriff der "displaced persons" dagegen ist eigentuemlich akteursfrei. Er bezeichnet nicht einen Prozess, sondern einen Zustand: verschoben, verdraengt, versetzt. Die dimplomatische Chifre fuer einen unfreiwilligen Wohnsitzwechsel. Der Gewaltakt, der in der Regel dahinter liegt, rueckt in den ungenannten Hintergrund.
empowerment Schedler Andreas
Empowerment ist nicht dasselbe wie Ermaechtigung. Das aequivalent von Ermaechtigung ist authorization: die Uebertragung der legitimen Befugnis, fremde Angelegenheiten zu entscheiden. Empowerment dagegen bezeichnet eine Beziehung, in der am Schluss ein Machthaber / ein Machtzuwachs steht. Empowerment ist Machtsteigerung nicht durch eigene Kraft, sondern mit Hilfe anderer. Empowerment bezeichnet nicht nur Prozesse des Machtgewinns, sondern nennt in der Regel auch gleich, wer (oder was) dafuer verantwortlich ist. A empowers B. A staerkt die Macht von B. Was auf Englisch so einfach und klar scheint, muendet im Deutschen in umstaendliche Erklaerungen. Alle Uebersetzungsalternativen wirken etwas hatschert: Machtstaerkung, Machtuebertragung, Machtsteigerung. Siehe auch disempowerment.
leader Schedler Andreas
Im Grund ist leader natuerlich einfach zu uebersetzen, der leader, der Fuehrer. Aber nachdem im Deutschen der Fuehrer mit guten Gruenden zum nachhaltigen Tabuwort geworden ist, wird eine ganze Subdisziplin der angelsaechsischen Politikwissenschaft (leadership studies) praktisch unuebersetzbar. Ein Leiter oder ein Manager sind eben keine leader. Wie auch in anderen Faellen (etwa dem Volk) klingen nur Komposita halbwegs akzeptabel, wie etwa die Fuehrerschaft, die Fuehrungsschicht, das Fuehrungsprinzip, der Fuehrerschein. Die Fuehrungsfigur kommt dem leader noch am naechsten, auch wenn sie weit buerokratischer klingt als charismatisch.
nationhood Bauboeck Rainer
Fuer die Begriffe Nation, Nationalitaet, Volk gibt es englische Uebersetzungen, auch wenn die Konnotationen oft ziemlich andere sind. Der Begriff "nationhood" scheint jedoch unuebersetzbar. Er bezeichnet die Eigenschaft einer politischen Einheit oder Kollektivs, eine Nation zu sein, oder auch den politischen Status nationaler Unabhaengigkeit. Mit dem Begriff "Nation" verbindet man in der Regel bestimmte unveraenderbare Wesensmerkmale (Sprache, Territorium, Geschichte, Solidaritaet). Nationhood ist dagegen eine durchaus kontingente Eigen- und Errungenschaft. Insofern empfiehlt sich die Verwendung des Begriffs oft dann, wenn essenzialistische Ideen ueber Nationen vermieden werden sollen. Kann es wirklich ein Zufall sein, dass die deutsche Sprache keine Uebersetzung zulaesst? Schliesslich kann ja z.B. der analoge Begriff der "statehood" durchaus als Staatlichkeit uebersetzt werden.
Politics, Policy, Polity Hoffmann Bert
Nothing more central to our discipline, and still, "intraduisible"? German offers "Politik" - a single term, which encompasses all three, politics, policy, and polity, but which does not reflect the differences between these. There are, of course, ways to explain these in German, but the English terms have become the standard terms in the German academic vocabulary. German textbooks will note in their introduction to political science the three distinct dimensions of "Politik", to then label these with the English terms polity, politics and policy? They may vary in how they explain these terms, but hardly any author argues for translating them. See also entry for "Politik" in the German-English dictionary.
principal Schedler Andreas
In der principal-agent Theorie, die ihren Ursprung in der Betriebswirtschaft, ist der principal der Unternehmer (Auftraggeber oder Arbeitgeber), der vor dem Problem steht, wie er seine Beschaeftigten, seine agents, unter Kontrolle haelt. Weder schummeln sollen sie noch faulenzen. So elegant das englische Begriffspaar ist, so unuebersetzbar ist es im Deutschen. Ausser man graebt den Theaterprinzipal wieder aus, entstaubt ihn, und erklaert ihn zu einem lebenden Darsteller im akademischen Sprachspiel.
Scholar Schedler Andreas
Weder ein Gelehrter noch ein Student. Ein Wissenschaftler, allerdings ohne wissenschaftstheoretische Vorannahmen von Genauigkeit oder Objektivitaet. Ernsthaftigkeit, das schon. Insofern bezeichnet der scholar nicht den Ausfuehrungsbeamten eines Methodenkanons, sondern eher den Bewohner eines soziologischen Ortes: des akademischen Elfenbeinturmes.
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